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Das Buch Ijob

6

Ijobs Gegenrede: 6,1 - 7,21

Das unerträgliche Los

1 Da antwortete Ijob und sprach:
2 Ach, würde doch mein Gram gewogen, / legte man auf die Waage auch mein Leid!
3 Denn nun ist es schwerer als der Sand des Meeres, / darum reden meine Worte irr.
4 Die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir, / mein Geist hat ihr Gift getrunken, / Gottes Schrecken stellen sich gegen mich.
5 Schreit denn der Wildesel beim Gras / oder brüllt der Stier bei seinem Futter?
6 Isst man denn ungesalzene Speise? / Wer hat Geschmack an fadem Schleim?
7 Ich sträube mich, daran zu rühren, / das alles ist mir wie verdorbenes Brot.
8 Käme doch, was ich begehre, / und gäbe Gott, was ich erhoffe.
9 Und wollte Gott mich doch zermalmen, / seine Hand erheben, um mich abzuschneiden.
10 Das wäre noch ein Trost für mich; / ich hüpfte auf im Leid, mit dem er mich nicht schont. / Denn ich habe die Worte des Heiligen nicht verleugnet.
11 Was ist meine Kraft, dass ich aushalten könnte, / wann kommt mein Ende, dass ich mich gedulde?
12 Ist meine Kraft denn Felsenkraft, / ist mein Fleisch denn aus Erz?
13 Gibt es keine Hilfe mehr für mich, / ist mir jede Rettung entschwunden?


Die Enttäuschung über die Freunde

14 Des Freundes Liebe gehört dem Verzagten, / auch wenn er den Allmächtigen nicht mehr fürchtet.
15 Meine Brüder sind trügerisch wie ein Bach, / wie Wasserläufe, die verrinnen; /
16 trüb sind sie vom Eis, / wenn über ihnen der Schnee schmilzt.
17 Zur Zeit der Hitze versiegen sie; / wenn es heiß wird, verdunsten sie in ihrem Bett.
18 Karawanen biegen ab vom Weg, / folgen ihnen in die Wüste und kommen um.
19 Nach ihnen spähen Karawanen aus Tema, / auf sie vertrauen Handelszüge aus Saba.
20 In ihrer Hoffnung werden sie betrogen, / kommen hin und sind enttäuscht.
21 So seid ihr jetzt ein Nein geworden: / Ihr schaut das Entsetzliche und schaudert.
22 Habe ich denn gesagt: Gebt mir etwas, / von eurem Vermögen zahlt für mich?
23 Rettet mich aus dem Griff des Bedrängers, / kauft mich los aus der Hand der Tyrannen!
24 Belehrt mich, so werde ich schweigen; / worin ich fehlte, macht mir klar!
25 Wie wurden redliche Worte verhöhnt, / was kann euer Tadel rügen?
26 Gedenkt ihr, Worte zu tadeln? / Spricht der Verzweifelte in den Wind?
27 Selbst um ein Waisenkind würdet ihr würfeln, / sogar euren Freund verschachern.
28 Habt endlich die Güte, wendet euch mir zu, / ich lüge euch nicht ins Gesicht.
29 Kehrt um, kein Unrecht soll geschehen, / kehrt um, noch bin ich im Recht.
30 Ist denn Unrecht auf meiner Zunge / oder schmeckt mein Gaumen das Schlechte nicht?


7

1 Ist nicht Kriegsdienst des Menschen Leben auf der Erde? / Sind nicht seine Tage die eines Tagelöhners?
2 Wie ein Knecht ist er, der nach Schatten lechzt, / wie ein Tagelöhner, der auf den Lohn wartet.
3 So wurden Monde voll Enttäuschung mein Erbe / und Nächte voller Mühsal teilte man mir zu.
4 Lege ich mich nieder, sage ich: / Wann darf ich aufstehn? / Wird es Abend, bin ich gesättigt mit Unrast, bis es dämmert.
5 Mein Leib ist gekleidet in Maden und Schorf, / meine Haut schrumpft und eitert.
6 Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, / der Faden geht aus, sie schwinden dahin.
7 Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist. / Nie mehr schaut mein Auge Glück.
8 Kein Auge gewahrt mich, das nach mir sieht, / suchen mich deine Augen, dann bin ich nicht mehr da.
9 Die Wolke schwindet, vergeht, / so steigt nie mehr auf, wer zur Unterwelt fuhr.
10 Nie kehrt er zurück in sein Haus, / nie mehr erblickt ihn sein Ort.


Die unbegreifliche Heimsuchung

11 So wehre ich nicht meinem Mund, / mit bedrängtem Geist will ich reden, / mit betrübter Seele will ich klagen.
12 Bin ich das Meer, der Meeresdrache, / dass du gegen mich eine Wache stellst?
13 Sagte ich: Mein Lager soll mich trösten, / mein Bett trage das Leid mit mir!,
14 so quältest du mich mit Träumen / und mit Gesichten jagtest du mich in Angst.
15 Erwürgt zu werden, zöge ich vor, / den Tod diesem Totengerippe.
16 Ich mag nicht mehr. Ich will nicht ewig leben. / Lass ab von mir; denn nur ein Hauch sind meine Tage.
17 Was ist der Mensch, dass du groß ihn achtest / und deinen Sinn auf ihn richtest,
18 dass du ihn musterst jeden Morgen / und jeden Augenblick ihn prüfst?
19 Wie lange schon schaust du nicht weg von mir, / lässt mich nicht los, sodass ich den Speichel schlucke?
20 Hab ich gefehlt? / Was tat ich dir, du Menschenwächter? / Warum stellst du mich vor dich als Zielscheibe hin? / Bin ich dir denn zur Last geworden?
21 Warum nimmst du mein Vergehen nicht weg, / lässt du meine Schuld nicht nach? / Dann könnte ich im Staub mich betten; / suchtest du mich, wäre ich nicht mehr da.