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Das erste Buch Samuel

1

Eli und Samuel: 1,1 - 3,21

Die Geburt Samuels

1 Einst lebte ein Mann aus Ramatajim, ein Zufiter vom Gebirge Efraim. Er hieß Elkana und war ein Sohn Jerohams, des Sohnes Elihus, des Sohnes Tohus, des Sohnes Zufs, ein Efraimiter.
2 Er hatte zwei Frauen. Die eine hieß Hanna, die andere Peninna. Peninna hatte Kinder, Hanna aber hatte keine Kinder.
3 Dieser Mann zog Jahr für Jahr von seiner Stadt nach Schilo hinauf, um den Herrn der Heere anzubeten und ihm zu opfern. Dort waren Hofni und Pinhas, die beiden Söhne Elis, Priester des Herrn.
4 An dem Tag, an dem Elkana das Opfer darbrachte, gab er seiner Frau Peninna und all ihren Söhnen und Töchtern ihre Anteile.
5 Hanna aber gab er einen doppelten Anteil; denn er hatte Hanna lieb, obwohl der Herr ihren Schoß verschlossen hatte.
6 Ihre Rivalin aber kränkte und demütigte sie sehr, weil der Herr ihren Schoß verschlossen hatte.
7 So machte es Elkana Jahr für Jahr. Sooft sie zum Haus des Herrn hinaufzogen, kränkte Peninna sie; und Hanna weinte und aß nichts.
8 Ihr Mann Elkana fragte sie: Hanna, warum weinst du, warum isst du nichts, warum ist dein Herz betrübt? Bin ich dir nicht viel mehr wert als zehn Söhne?
9 Nachdem man in Schilo gegessen und getrunken hatte, stand Hanna auf und trat vor den Herrn. Der Priester Eli saß an den Türpfosten des Tempels des Herrn auf seinem Stuhl.
10 Hanna war verzweifelt, betete zum Herrn und weinte sehr.
11 Sie machte ein Gelübde und sagte: Herr der Heere, wenn du das Elend deiner Magd wirklich ansiehst, wenn du an mich denkst und deine Magd nicht vergisst und deiner Magd einen männlichen Nachkommen schenkst, dann will ich ihn für sein ganzes Leben dem Herrn überlassen; kein Schermesser soll an sein Haupt kommen.
12 So betete sie lange vor dem Herrn. Eli beobachtete ihren Mund;
13 denn Hanna redete nur still vor sich hin, ihre Lippen bewegten sich, doch ihre Stimme war nicht zu hören. Eli hielt sie deshalb für betrunken
14 und sagte zu ihr: Wie lange willst du dich noch wie eine Betrunkene aufführen? Sieh zu, dass du deinen Weinrausch los wirst!
15 Hanna gab zur Antwort: Nein, Herr! Ich bin eine unglückliche Frau. Ich habe weder Wein getrunken noch Bier; ich habe nur dem Herrn mein Herz ausgeschüttet.
16 Halte deine Magd nicht für eine nichtsnutzige Frau; denn nur aus großem Kummer und aus Traurigkeit habe ich so lange geredet.
17 Eli erwiderte und sagte: Geh in Frieden! Der Gott Israels wird dir die Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet hast.
18 Sie sagte: Möge deine Magd Gnade finden vor deinen Augen. Dann ging sie weg; sie aß wieder und hatte kein trauriges Gesicht mehr.
19 Am nächsten Morgen standen sie früh auf und beteten den Herrn an. Dann machten sie sich auf den Heimweg und kehrten in ihr Haus nach Rama zurück. Elkana erkannte seine Frau Hanna; der Herr dachte an sie,
20 und Hanna wurde schwanger. Als die Zeit abgelaufen war, gebar sie einen Sohn und nannte ihn Samuel, denn (sie sagte): Ich habe ihn vom Herrn erbeten.


Samuel wird dem Herrn geweiht

21 Als dann Elkana mit seiner ganzen Familie wieder hinaufzog, um dem Herrn das jährliche Opfer und die Gaben, die er gelobt hatte, darzubringen,
22 zog Hanna nicht mit, sondern sagte zu ihrem Mann: Ich werde den Knaben erst, wenn er entwöhnt ist, hinaufbringen; dann soll er vor dem Angesicht des Herrn erscheinen und für immer dort bleiben.
23 Ihr Mann Elkana sagte zu ihr: Tu, was dir gefällt. Bleib hier, bis du ihn entwöhnt hast. Wenn nur der Herr sein Wort erfüllt! Die Frau blieb also daheim und stillte ihren Sohn, bis sie ihn entwöhnte.
24 Als sie ihn entwöhnt hatte, nahm sie ihn mit hinauf, dazu einen dreijährigen Stier, ein Efa Mehl und einen Schlauch Wein. So brachte sie ihn zum Haus des Herrn in Schilo; der Knabe aber war damals noch sehr jung.
25 Als sie den Stier geschlachtet hatten, brachten sie den Knaben zu Eli,
26 und Hanna sagte: Bitte, mein Herr, so wahr du lebst, mein Herr, ich bin die Frau, die damals neben dir stand, um zum Herrn zu beten.
27 Ich habe um diesen Knaben gebetet und der Herr hat mir die Bitte erfüllt, die ich an ihn gerichtet habe.
28 Darum lasse ich ihn auch vom Herrn zurückfordern. Er soll für sein ganzes Leben ein vom Herrn Zurückgeforderter sein. Und sie beteten dort den Herrn an.


2

1 Hanna betete. Sie sagte: Mein Herz ist voll Freude über den Herrn, / große Kraft gibt mir der Herr. / Weit öffnet sich mein Mund gegen meine Feinde; / denn ich freue mich über deine Hilfe.
2 Niemand ist heilig, nur der Herr; / denn außer dir gibt es keinen (Gott); / keiner ist ein Fels wie unser Gott.
3 Redet nicht immer so vermessen, / kein freches Wort komme aus eurem Mund; / denn der Herr ist ein wissender Gott / und bei ihm werden die Taten geprüft.
4 Der Bogen der Helden wird zerbrochen, / die Wankenden aber gürten sich mit Kraft.
5 Die Satten verdingen sich um Brot, / doch die Hungrigen können feiern für immer. / Die Unfruchtbare bekommt sieben Kinder, / doch die Kinderreiche welkt dahin.
6 Der Herr macht tot und lebendig, / er führt zum Totenreich hinab und führt auch herauf.
7 Der Herr macht arm und macht reich, / er erniedrigt und er erhöht.
8 Den Schwachen hebt er empor aus dem Staub / und erhöht den Armen, der im Schmutz liegt; / er gibt ihm einen Sitz bei den Edlen, / einen Ehrenplatz weist er ihm zu. / Ja, dem Herrn gehören die Pfeiler der Erde; / auf sie hat er den Erdkreis gegründet.
9 Er behütet die Schritte seiner Frommen, / doch die Frevler verstummen in der Finsternis; / denn der Mensch ist nicht stark aus eigener Kraft.
10 Wer gegen den Herrn streitet, wird zerbrechen, / der Höchste lässt es donnern am Himmel. / Der Herr hält Gericht bis an die Grenzen der Erde. / Seinem König gebe er Kraft / und erhöhe die Macht seines Gesalbten.
11 Darauf kehrte Elkana in sein Haus nach Rama zurück, der Knabe aber stand von da an im Dienst des Herrn unter der Aufsicht des Priesters Eli.


Die Schuld des Hauses Eli

12 Die Söhne Elis waren nichtsnutzige Menschen. Sie kümmerten sich nicht um den Herrn
13 und sie pflegten sich gegenüber dem Volk so zu verhalten: Sooft jemand ein Schlachtopfer darbrachte und das Fleisch kochte, kam ein Diener des Priesters mit einer dreizinkigen Gabel in der Hand.
14 Er stach in den Kessel oder den Topf, in das Becken oder die Schüssel, und alles, was die Gabel heraufholte, nahm der Priester für sich. So machten sie es bei allen Israeliten, die dorthin, nach Schilo, kamen.
15 Noch bevor man das Fett in Rauch aufgehen ließ, kam der Diener des Priesters und sagte zu dem Mann, der opferte: Gib mir Fleisch zum Braten für den Priester; er nimmt von dir aber kein gekochtes Fleisch an, sondern nur rohes.
16 Wenn ihm der Mann erwiderte: Zuerst muss man doch das Fett in Rauch aufgehen lassen, dann nimm dir, was dein Herz begehrt!, sagte ihm der Diener: Nein, gib es sofort her, sonst nehme ich es mit Gewalt.
17 Die Sünde der jungen Männer war sehr schwer in den Augen des Herrn; denn sie behandelten das Opfer des Herrn mit Verachtung.
18 Der junge Samuel aber versah den Dienst vor dem Angesicht des Herrn, bekleidet mit dem leinenen Efod.
19 Seine Mutter machte ihm immer wieder ein kleines Obergewand und brachte es ihm jedes Jahr mit, wenn sie zusammen mit ihrem Mann hinaufzog, um das jährliche Opfer darzubringen.
20 Dann segnete Eli Elkana und seine Frau und sagte: Der Herr gebe dir für den, den er von dir erbeten hat, andere Nachkommenschaft von dieser Frau. Darauf gingen sie wieder in ihren Heimatort zurück.
21 Der Herr aber nahm sich Hannas an; sie wurde schwanger und bekam noch drei Söhne und zwei Töchter. Der Knabe Samuel aber wuchs beim Herrn heran.
22 Eli war sehr alt geworden. Er hörte von allem, was seine Söhne allen Israeliten antaten, auch, dass sie mit den Frauen schliefen, die sich vor dem Eingang des Offenbarungszeltes aufhielten.
23 Er sagte zu ihnen: Warum tut ihr so etwas? Warum muss ich von allen Leuten solch schlimme Dinge über euch hören?
24 Nein, meine Söhne, was man, wie ich höre, im Volk des Herrn über euch verbreitet, ist nicht gut.
25 Wenn ein Mensch gegen einen Menschen sündigt, kann Gott Schiedsrichter sein. Wenn aber ein Mensch gegen den Herrn sündigt, wer kann dann für ihn eintreten? Aber sie hörten nicht auf die Stimme ihres Vaters; denn der Herr war entschlossen, sie umkommen zu lassen.
26 Der Knabe Samuel aber wuchs heran und gewann immer mehr an Gunst beim Herrn und auch bei den Menschen.
27 Da kam ein Gottesmann zu Eli und sagte zu ihm: So spricht der Herr: Habe ich mich dem Haus deines Vaters nicht deutlich offenbart, als deine Vorfahren in Ägypten dem Haus des Pharao gehörten?
28 Ich habe sie aus allen Stämmen Israels für mich als Priester erwählt, damit sie zu meinem Altar hinaufgehen, das Rauchopfer darbringen und vor meinen Augen das Efod tragen. Auch habe ich dem Haus deines Vaters alle Feueropfer der Israeliten überlassen.
29 Warum missachtet ihr also aus Missgunst Schlachtopfer und Speiseopfer, die ich angeordnet habe? Warum ehrst du deine Söhne mehr als mich und warum mästet ihr euch mit dem Besten aller Gaben meines Volkes Israel?
30 Darum - Spruch des Herrn, des Gottes Israels: Ich hatte fest zugesagt: Dein Haus und das Haus deines Vaters sollen für ewig vor meinem Angesicht ihren Dienst versehen. Nun aber - Spruch des Herrn: Das sei fern von mir; denn nur die, die mich ehren, werde ich ehren, die aber, die mich verachten, geraten in Schande.
31 Es werden Tage kommen, da werde ich deinen Arm abhauen und die Macht deines Vaterhauses vernichten; in deinem Haus wird es keinen alten Mann mehr geben.
32 Du wirst voll Neid auf all das Gute blicken, das der Herr für Israel tun wird. Nie mehr wird es in deinem Haus einen alten Mann geben.
33 Nur einen werde ich nicht wegreißen von meinem Altar, wenn ich deine Augen brechen und deine Seele verschmachten lasse; aber der ganze Nachwuchs deines Hauses wird im besten Mannesalter sterben.
34 Und das soll das Zeichen sein, das sich an deinen beiden Söhnen Hofni und Pinhas verwirklichen wird: Beide werden an einem Tag sterben.
35 Ich aber werde mir einen zuverlässigen Priester einsetzen, der nach meinem Herzen und nach meinem Sinn handeln wird. Ich will ihm ein Haus bauen, das Bestand hat, und er wird allezeit vor den Augen meines Gesalbten seinen Dienst versehen.
36 Wer dann von deinem Haus noch übrig ist, wird kommen und sich um ein Geldstück oder einen Laib Brot vor ihm niederwerfen und sagen: Nimm mich doch in eine der Priestergruppen auf, damit ich ein Stück Brot zu essen habe.


3

Die erste Offenbarung an Samuel

1 Der junge Samuel versah den Dienst des Herrn unter der Aufsicht Elis. In jenen Tagen waren Worte des Herrn selten; Visionen waren nicht häufig.
2 Eines Tages geschah es: Eli schlief auf seinem Platz; seine Augen waren schwach geworden und er konnte nicht mehr sehen.
3 Die Lampe Gottes war noch nicht erloschen und Samuel schlief im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes stand.
4 Da rief der Herr den Samuel und Samuel antwortete: Hier bin ich.
5 Dann lief er zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder schlafen! Da ging er und legte sich wieder schlafen.
6 Der Herr rief noch einmal: Samuel! Samuel stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn. Geh wieder schlafen!
7 Samuel kannte den Herrn noch nicht und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart worden.
8 Da rief der Herr den Samuel wieder, zum dritten Mal. Er stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte.
9 Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen! Wenn er dich (wieder) ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört. Samuel ging und legte sich an seinem Platz nieder.
10 Da kam der Herr, trat (zu ihm) heran und rief wie die vorigen Male: Samuel, Samuel! Und Samuel antwortete: Rede, denn dein Diener hört.
11 Der Herr sagte zu Samuel: Fürwahr, ich werde in Israel etwas tun, sodass jedem, der davon hört, beide Ohren gellen.
12 An jenem Tag werde ich an Eli vom Anfang bis zum Ende alles verwirklichen, was ich seinem Haus angedroht habe.
13 Ich habe ihm angekündigt, dass ich über sein Haus für immer das Urteil gesprochen habe wegen seiner Schuld; denn er wusste, wie seine Söhne Gott lästern, und gebot ihnen nicht Einhalt.
14 Darum habe ich dem Haus Eli geschworen: Die Schuld des Hauses Eli kann durch Opfer und durch Gaben in Ewigkeit nicht gesühnt werden.
15 Samuel blieb bis zum Morgen liegen, dann öffnete er die Türen zum Haus des Herrn. Er fürchtete sich aber, Eli von der Vision zu berichten.
16 Da rief Eli Samuel und sagte: Samuel, mein Sohn! Er antwortete: Hier bin ich.
17 Eli fragte: Was war es, das er zu dir gesagt hat? Verheimliche mir nichts! Gott möge dir dies und das antun, wenn du mir auch nur eines von all den Worten verheimlichst, die er zu dir gesprochen hat.
18 Da teilte ihm Samuel alle Worte mit und verheimlichte ihm nichts. Darauf sagte Eli: Es ist der Herr. Er tue, was ihm gefällt.
19 Samuel wuchs heran und der Herr war mit ihm und ließ keines von all seinen Worten unerfüllt.
20 Ganz Israel von Dan bis Beerscheba erkannte, dass Samuel als Prophet des Herrn beglaubigt war.
21 Auch weiterhin erschien der Herr in Schilo: Der Herr offenbarte sich Samuel in Schilo durch sein Wort. 2: 4,15