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Das Buch Ezechiel

8

Visionen: 8,1 - 11,25

Die Entrückung des Propheten nach Jerusalem

1 Am fünften Tag des sechsten Monats im sechsten Jahr saß ich in meinem Haus und die Ältesten von Juda saßen vor mir. Da legte sich die Hand Gottes, des Herrn, auf mich.
2 Und ich sah eine Gestalt, die wie ein Mann aussah. Unterhalb von dem, was wie seine Hüften aussah, war Feuer und oberhalb von seinen Hüften schien etwas zu leuchten, wie glänzendes Gold.
3 Er streckte etwas aus, das wie eine Hand aussah, und packte mich an meinen Haaren. Und der Geist hob mich empor zwischen Erde und Himmel und brachte mich in einer göttlichen Vision nach Jerusalem, an den Eingang des inneren Nordtors, dorthin, wo das Bild steht, das die Eifersucht (des Herrn) erregt.
4 Dort sah ich die Herrlichkeit des Gottes Israels, wie in der Vision, die ich in der Ebene gesehen hatte.


Die Entweihung des Tempels

5 Er sagte zu mir: Menschensohn, richte deinen Blick nach Norden! Ich blickte nach Norden; da sah ich nördlich des Tores, beim Eingang, den Altar mit jenem Bild, das die Eifersucht (des Herrn) erregt.
6 Er sagte zu mir: Menschensohn, siehst du, was man hier treibt? Es sind große Gräueltaten, die das Haus Israel hier begeht; sie bleiben meinem Heiligtum fern. Aber du wirst noch größere Gräueltaten sehen.
7 Dann brachte er mich zum Eingang des Vorhofs. Ich sah: Ein Loch war in der Wand.
8 Er sagte zu mir: Menschensohn, durchbrich die Wand! Ich durchbrach die Wand - da war ein Eingang.
9 Er sagte zu mir: Geh hinein, sieh dir die schlimmen Gräueltaten an, die man dort begeht.
10 Ich ging hinein und sah: viele Bilder von abscheulichen kleinen und großen Tieren und allen Götzen des Hauses Israel; sie waren ringsum in die Wand eingeritzt.
11 Siebzig Männer von den Ältesten des Hauses Israel, darunter auch Jaasanja, der Sohn Schafans, standen davor. Jeder hatte seine Räucherpfanne in der Hand und der Duft der Weihrauchwolken stieg empor.
12 Er sagte zu mir: Hast du gesehen, Menschensohn, was die Ältesten des Hauses Israel im Finstern treiben, jeder in der Kammer seines Götterbildes? Sie denken: Der Herr sieht uns nicht; der Herr hat das Land verlassen.
13 Er sagte zu mir: Du wirst sehen, dass sie noch größere Gräueltaten begehen.
14 Dann brachte er mich zum Nordtor am Haus des Herrn. Dort saßen Frauen, die Tammus beweinten.
15 Er sagte zu mir: Hast du es gesehen, Menschensohn? Aber du wirst noch größere Gräueltaten sehen.
16 Dann brachte er mich zum Innenhof des Hauses des Herrn. Am Eingang zum Tempel des Herrn, zwischen Vorhalle und Altar, standen etwa fünfundzwanzig Männer, mit dem Rücken zum Tempel des Herrn, mit dem Gesicht nach Osten. Sie beteten, nach Osten gewandt, die Sonne an.
17 Er sagte zu mir: Hast du es gesehen, Menschensohn? Waren dem Haus Juda die Gräueltaten, die es hier beging, immer noch nicht genug? Mussten sie auch noch das Land mit ihrer Gewalttätigkeit anfüllen, mussten sie mich immer wieder beleidigen und sich den Zweig an die Nase halten?
18 Darum werde auch ich voll Zorn handeln. Mein Auge wird kein Mitleid zeigen und ich werde keine Schonung üben. Auch wenn sie mir laut in die Ohren schreien, werde ich sie nicht hören.


9

Die Zerstörung der Stadt

1 Und er schrie mir laut in die Ohren: Das Strafgericht über die Stadt ist nahe. Jeder soll sein Werkzeug zum Zertrümmern in die Hand nehmen.
2 Da kamen sechs Männer vom oberen Tor, das im Norden liegt. Jeder hatte sein Werkzeug zum Zertrümmern in der Hand. Unter ihnen war auch ein Mann, der ein leinenes Gewand anhatte; an seinem Gürtel hing Schreibzeug. Sie kamen herein und stellten sich neben den Altar aus Bronze.
3 Die Herrlichkeit des Gottes Israels schwebte von den Kerubim, über denen sie war, hinüber zur Schwelle des Tempels. Er rief den Mann, der das leinene Gewand anhatte und an dessen Gürtel das Schreibzeug hing.
4 Der Herr sagte zu ihm: Geh mitten durch die Stadt Jerusalem und schreib ein T auf die Stirn aller Männer, die über die in der Stadt begangenen Gräueltaten seufzen und stöhnen.
5 Und ich hörte, wie er zu den anderen sagte: Geht hinter ihm her durch die Stadt und schlagt zu! Euer Auge soll kein Mitleid zeigen, gewährt keine Schonung!
6 Alt und jung, Mädchen, Kinder und Frauen sollt ihr erschlagen und umbringen. Doch von denen, die das T auf der Stirn haben, dürft ihr keinen anrühren. Beginnt in meinem Heiligtum! Da begannen sie bei den Ältesten, die vor dem Tempel standen.
7 Er sagte zu ihnen: Macht den Tempel unrein, füllt seine Höfe mit Erschlagenen! Dann geht hinaus und schlagt in der Stadt zu!
8 Sie schlugen zu und ich allein blieb übrig; da fiel ich nieder auf mein Gesicht und schrie: Ach, Herr und Gott, willst du deinen ganzen Zorn über Jerusalem ausschütten und auch noch den letzten Rest Israels vernichten?
9 Er sagte zu mir: Die Schuld des Hauses Israel und des Hauses Juda ist groß, ja übergroß. Das Land ist voll Blutschuld, die Stadt ist voll Unrecht. Sie sagen: Der Herr sieht es nicht; der Herr hat das Land verlassen.
10 Darum zeigt mein Auge kein Mitleid und ich übe keine Schonung. Ihr Verhalten lasse ich auf sie selbst zurückfallen.
11 Und der Mann, der das leinene Gewand anhatte und an dessen Gürtel das Schreibzeug hing, (kam und) berichtete: Ich habe getan, was du mir befohlen hast.


10

1 Ich sah: Oberhalb der gehämmerten Platte über den Köpfen der Kerubim war etwas, das wie Saphir aussah und einem Thron glich.
2 Er sagte zu dem Mann, der das leinene Gewand anhatte: Geh zwischen die Räder unter den Kerubim, nimm zwei Hände voll von den glühenden Kohlen, die zwischen den Kerubim sind, und streu sie über die Stadt! Da ging der Mann vor meinen Augen
3 zu den Kerubim. Sie standen rechts vom Tempel, als der Mann zu ihnen ging, und die Wolke erfüllte den Innenhof.
4 Die Herrlichkeit des Herrn schwebte von den Kerubim hinüber zur Schwelle des Tempels. Der Tempel wurde von der Wolke erfüllt und der Vorhof war voll vom Glanz der Herrlichkeit des Herrn.
5 Das Rauschen der Flügel der Kerubim war bis zum Vorhof zu hören; es war wie die Stimme des allmächtigen Gottes, wenn er spricht.
6 Als er dem Mann, der das leinene Gewand anhatte, befahl: Nimm von dem Feuer, das zwischen den Rädern und zwischen den Kerubim ist!, ging der Mann und stellte sich neben das Rad.
7 Und ein Kerub streckte seine Hand aus, nahm von dem Feuer, das zwischen den Kerubim war, und legte es in die Hände des Mannes, der das leinene Gewand anhatte. Der Mann nahm das Feuer und ging hinaus.


Der Thronwagen Gottes

8 Unter den Flügeln der Kerubim wurde etwas sichtbar, das wie eine Menschenhand aussah.
9 Und ich sah neben den Kerubim vier Räder, ein Rad neben jedem Kerub. Die Räder waren wie glitzernder Chrysolith.
10 Alle vier sahen gleich aus und es schien so, als laufe ein Rad mitten im andern.
11 Sie konnten nach allen vier Seiten laufen und änderten beim Laufen ihre Richtung nicht; denn der Richtung, die das vordere Rad einschlug, folgten die anderen. Sie änderten beim Laufen ihre Richtung nicht.
12 Ihr ganzer Leib, ihr Rücken, ihre Hände und Flügel und auch die Räder waren bei allen vier ringsum voll Augen.
13 Die Räder wurden, wie ich deutlich hörte, «Wirbel» genannt.
14 Jedes Lebewesen hatte vier Gesichter. Das erste war ein Kerubgesicht, das zweite ein Menschengesicht, das dritte ein Löwengesicht und das vierte ein Adlergesicht.
15 Die Kerubim konnten emporschweben. Es waren die Lebewesen, die ich am Fluss Kebar gesehen hatte.
16 Wenn die Kerubim gingen, dann liefen die Räder an ihrer Seite mit. Auch wenn die Kerubim ihre Flügel bewegten, um sich von der Erde zu erheben, lösten sich die Räder nicht von ihrer Seite.
17 Blieben die Kerubim stehen, dann standen auch die Räder still. Hoben sich die Kerubim empor, dann hoben sich die Räder mit ihnen; denn der Geist der Lebewesen war in den Rädern.


Der Auszug des Herrn aus dem Tempel

18 Da verließ die Herrlichkeit des Herrn die Schwelle des Tempels und nahm wieder ihren Platz über den Kerubim ein.
19 Die Kerubim bewegten ihre Flügel und hoben sich vor meinen Augen vom Boden empor. Sie gingen hinaus und die Räder liefen an ihrer Seite mit. Vor dem östlichen Tor am Haus des Herrn blieben sie stehen. Und die Herrlichkeit des Gottes Israels schwebte über ihnen.
20 Es waren die Lebewesen, die ich unter dem Thron des Gottes Israels am Fluss Kebar gesehen hatte, und ich erkannte, dass es Kerubim waren.
21 Jedes dieser Lebewesen hatte vier Gesichter und vier Flügel. Unter ihren Flügeln hatten sie etwas, das wie Menschenhände aussah.
22 Ihre Gesichter glichen den Gesichtern, die ich am Fluss Kebar gesehen hatte. Jedes Lebewesen ging in die Richtung, in die eines seiner Gesichter wies.


11

Das Strafgericht über die führenden Männer Jerusalems

1 Da hob mich der Geist empor und brachte mich zum Osttor am Haus des Herrn, das nach Osten schaut. Vor dem Tor standen fünfundzwanzig Männer. Unter ihnen sah ich Jaasanja, den Sohn Asurs, und Pelatja, den Sohn Benajas, führende Männer im Volk.
2 Er sagte zu mir: Menschensohn, das sind die Männer, die in der Stadt Unheil ersinnen und böse Pläne fassen.
3 Sie sagen: In nächster Zeit braucht man keine Häuser zu bauen. Die Stadt ist der Topf und wir sind das Fleisch.
4 Darum tritt als Prophet gegen sie auf, Menschensohn, tritt als Prophet auf!
5 Da überfiel mich der Geist des Herrn und er sagte zu mir: Sag: So spricht der Herr: Das habt ihr gesagt, ihr vom Haus Israel. Ich weiß sehr gut, was ihr im Sinn hattet.
6 Ihr habt viele in dieser Stadt erschlagen, die Straßen der Stadt sind voll von Erschlagenen.
7 Darum - so spricht Gott, der Herr: Das Fleisch, das sind die Erschlagenen, die ihr mitten in der Stadt getötet habt. Der Topf, das ist die Stadt. Euch aber werde ich aus ihr vertreiben.
8 Das Schwert fürchtet ihr; darum werde ich das Schwert über euch bringen - Spruch Gottes, des Herrn.
9 Ich vertreibe euch aus der Stadt, ich liefere euch den Fremden aus und halte ein Strafgericht über euch ab.
10 Unter dem Schwert werdet ihr fallen. An Israels Grenze halte ich Gericht über euch. Dann werdet ihr erkennen, dass ich der Herr bin.
11 Die Stadt wird für euch nicht der Topf sein und ihr nicht das Fleisch darin. An Israels Grenze halte ich Gericht über euch.
12 Daran werdet ihr erkennen, dass ich der Herr bin, dessen Gesetze ihr nicht gehalten und dessen Rechtsvorschriften ihr nicht befolgt habt. Stattdessen habt ihr nach den Bräuchen der Völker ringsum gehandelt.
13 Während ich diese prophetischen Worte sprach, starb Pelatja, der Sohn Benajas. Da fiel ich nieder auf mein Gesicht, schrie laut auf und rief: Ach, Herr und Gott, willst du auch noch den Rest Israels ausrotten?


Die Erneuerung Israels

14 Das Wort des Herrn erging an mich:
15 Menschensohn, die Einwohner Jerusalems sagen von deinen Brüdern, deinen Verwandten und dem ganzen Haus Israel: Sie sind fern vom Herrn; das Land ist uns zum Besitz gegeben.
16 Darum sag: So spricht Gott, der Herr: Auch wenn ich sie weit weg unter die Völker geführt und in alle Länder zerstreut habe, so bin ich doch in den Ländern, wohin sie gekommen sind, beinahe zum Heiligtum für sie geworden.
17 Darum sag: So spricht Gott, der Herr: Ich führe euch aus allen Völkern zusammen, sammle euch aus den Ländern, in die ihr zerstreut seid, und gebe euch das Land Israel.
18 Und sie werden dorthin kommen und alle ihre abscheulichen Götzen aus dem Land entfernen.
19 Ich schenke ihnen ein anderes Herz und schenke ihnen einen neuen Geist. Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch,
20 damit sie nach meinen Gesetzen leben und auf meine Rechtsvorschriften achten und sie erfüllen. Sie werden mein Volk sein und ich werde ihr Gott sein.
21 Die aber, deren Herz an ihren Götzen und an ihren Gräueltaten hängt - Spruch Gottes, des Herrn: Ihr Verhalten lasse ich auf sie selbst zurückfallen.
22 Dann hoben die Kerubim ihre Flügel. Die Räder bewegten sich zugleich mit den Kerubim und die Herrlichkeit des Gottes Israels war über ihnen.
23 Die Herrlichkeit des Herrn stieg aus der Mitte der Stadt empor; auf dem Berg im Osten der Stadt blieb sie stehen.
24 Der Geist hob mich empor und brachte mich in dieser göttlichen Vision nach Chaldäa zur Gemeinde der Verschleppten. Dann hob sich das, was ich in der Vision gesehen hatte, empor und verschwand vor meinen Augen.
25 Und ich erzählte den Verschleppten alles, was der Herr mich hatte sehen lassen.