Das Buch Jesaja
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Worte über Juda und Jerusalem aus der Frühzeit des Propheten: 1,1 - 12,6
Einleitung
1 Vision des Jesaja, des Sohnes des Amoz, über Juda und Jerusalem, die er zu der Zeit hatte, als Usija, Jotam, Ahas und Hiskija Könige von Juda waren.
Die Untreue des Volkes
2 Hört, ihr Himmel! Erde, horch auf! / Denn der Herr spricht: Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht, / doch sie sind von mir abgefallen. 3 Der Ochse kennt seinen Besitzer / und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, / mein Volk hat keine Einsicht. 4 Weh dem sündigen Volk, der schuldbeladenen Nation, / der Brut von Verbrechern, den verkommenen Söhnen! Sie haben den Herrn verlassen, / den Heiligen Israels haben sie verschmäht / und ihm den Rücken gekehrt.
Die Folgen der Sünde
5 Wohin soll man euch noch schlagen? / Ihr bleibt ja doch abtrünnig. Der ganze Kopf ist wund, / das ganze Herz ist krank: 6 Vom Kopf bis zum Fuß kein heiler Fleck, / nur Beulen, Striemen und frische Wunden, sie sind nicht ausgedrückt, nicht verbunden, / nicht mit Öl gelindert. 7 Euer Land ist verödet, / eure Städte sind niedergebrannt. Fremde verzehren vor euren Augen den Ertrag eurer Äcker; / verödet wie das zerstörte Sodom ist euer Land. 8 Die Tochter Zion steht verlassen da / wie eine Hütte im Weinberg, / wie eine Wächterhütte im Gurkenfeld / [wie eine belagerte Stadt]. 9 Hätte der Herr der Heere nicht einen Rest für uns übrig gelassen, / wir wären wie Sodom geworden, / wir glichen Gomorra.
Der falsche und der wahre Gottesdienst
10 Hört das Wort des Herrn, ihr Herrscher von Sodom! / Vernimm die Weisung unseres Gottes, du Volk von Gomorra! 11 Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern?, / spricht der Herr. Die Widder, die ihr als Opfer verbrennt, / und das Fett eurer Rinder habe ich satt; / das Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ist mir zuwider. 12 Wenn ihr kommt, um mein Angesicht zu schauen - / wer hat von euch verlangt, dass ihr meine Vorhöfe zertrampelt? 13 Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, / Rauchopfer, die mir ein Gräuel sind. Neumond und Sabbat und Festversammlung - / Frevel und Feste - ertrage ich nicht. 14 Eure Neumondfeste und Feiertage / sind mir in der Seele verhasst, sie sind mir zur Last geworden, / ich bin es müde, sie zu ertragen. 15 Wenn ihr eure Hände ausbreitet, / verhülle ich meine Augen vor euch. Wenn ihr auch noch so viel betet, / ich höre es nicht. / Eure Hände sind voller Blut. 16 Wascht euch, reinigt euch! / Lasst ab von eurem üblen Treiben! / Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun! 17 Lernt, Gutes zu tun! / Sorgt für das Recht!Helft den Unterdrückten! / Verschafft den Waisen Recht, / tretet ein für die Witwen!
Der Rechtsstreit Gottes mit seinem Volk
18 Kommt her, wir wollen sehen, / wer von uns Recht hat, / spricht der Herr. Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, / sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, / sie sollen weiß werden wie Wolle. 19 Wenn ihr bereit seid zu hören, / sollt ihr den Ertrag des Landes genießen. 20 Wenn ihr aber trotzig seid und euch weigert, / werdet ihr vom Schwert gefressen. / Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen.
Das Gericht über Jerusalem
21 Ach, sie ist zur Dirne geworden, die treue Stadt. / Einst war dort das Recht in voller Geltung,die Gerechtigkeit war dort zu Hause, / jetzt aber herrschen die Mörder. 22 Dein Silber wurde zu Schlacke, / dein Wein ist verwässert. 23 Deine Fürsten sind Aufrührer / und eine Bande von Dieben, alle lassen sich gerne bestechen / und jagen Geschenken nach. Sie verschaffen den Waisen kein Recht, / die Sache der Witwen gelangt nicht vor sie. 24 Darum - Spruch Gottes, des Herrn der Heere, / des Starken Israels: Weh meinen Gegnern, / ich will Rache nehmen an ihnen, / mich rächen an meinen Feinden. 25 Ich will meine Hand gegen dich wenden, / deine Schlacken will ich mit Lauge ausschmelzen, / all dein Blei schmelze ich aus. 26 Ich will dir wieder Richter geben wie am Anfang / und Ratsherrn wie zu Beginn. Dann wird man dich die Burg der Gerechtigkeit nennen, / die treue Stadt. 27 Zion wird durch das Recht gerettet, / wer dort umkehrt, durch die Gerechtigkeit. 28 Doch alle Abtrünnigen und Sünder werden zerschmettert. / Wer den Herrn verlässt, wird vernichtet. 29 Ihr werdet in Schande stürzen / wegen der Eichen, die euch gefallen, und werdet euch schämen / wegen der (heiligen) Haine, die ihr so gern habt. 30 Ihr werdet wie eine Eiche, deren Blätter verwelken, / und wie ein Garten, dessen Wasser versiegt ist. 31 Dann wird der Starke zu Werg / und sein Tun zum zündenden Funken; beide verbrennen zusammen / und niemand kann löschen.
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1 Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, in einer Vision über Juda und Jerusalem gehört hat. 2 Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn / steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. / Zu ihm strömen alle Völker. 3 Viele Nationen machen sich auf den Weg. / Sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn / und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, / auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, / aus Jerusalem sein Wort. 4 Er spricht Recht im Streit der Völker, / er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern / und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, / und übt nicht mehr für den Krieg. 5 Ihr vom Haus Jakob, kommt, / wir wollen unsere Wege gehen im Licht des Herrn.
Der Tag Jahwes
6 Ja, du hast dein Volk, das Haus Jakob, verstoßen; / denn es ist voll von Zauberern und Wahrsagern wie das Volk der Philister / und überflutet von Fremden. 7 Sein Land ist voll Silber und Gold, / zahllos sind seine Schätze. Sein Land ist voll von Pferden, / zahllos sind seine Wagen. 8 Sein Land ist voll von Götzen. / Alle beten das Werk ihrer Hände an, / das ihre Finger gemacht haben. 9 Doch die Menschen müssen sich ducken, / jeder Mann muss sich beugen. / Verzeih ihnen nicht! 10 Verkriech dich im Felsen, / verbirg dich im Staub vor dem Schrecken des Herrn / und seiner strahlenden Pracht! 11 Da senken sich die stolzen Augen der Menschen, / die hochmütigen Männer müssen sich ducken, / der Herr allein ist erhaben an jenem Tag. 12 Denn der Tag des Herrn der Heere kommt / über alles Stolze und Erhabene, / über alles Hohe - es wird erniedrigt -, 13 über alle hoch ragenden Zedern des Libanon / und alle Eichen des Baschan, 14 über alle hohen Berge und alle stattlichen Hügel, 15 über jeden hohen Turm und jede steile Mauer, 16 über alle Tarschisch-Schiffe / und die kostbaren Segler. 17 Die stolzen Menschen müssen sich ducken, / die hochmütigen Männer sich beugen, / der Herr allein ist erhaben an jenem Tag. 18 Die Götzen aber schwinden alle dahin. 19 Verkriecht euch in Felshöhlen und Erdlöchern / vor dem Schrecken des Herrn und vor seiner strahlenden Pracht, / wenn er sich erhebt, um die Erde zu erschrecken. 20 An jenem Tag nimmt jeder seine silbernen und goldenen Götzen, / die er gemacht hat, um sie anzubeten, / und wirft sie den Fledermäusen und Ratten hin; 21 und man wird sich in den Spalten und Höhlen der Felsen verkriechen / vor dem Schrecken des Herrn und vor seiner strahlenden Pracht, / wenn er sich erhebt, um die Erde zu erschrecken. 22 [Lasst doch ab vom Menschen; / in seiner Nase ist nur ein Lufthauch. / Was bedeutet er schon?]
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1 Seht, Gott, der Herr der Heere, / nimmt Jerusalem und Juda jede Stütze und Hilfe [jede Unterstützung mit Brot / und jede Unterstützung mit Wasser]: 2 den Helden und Krieger, / den Richter und den Propheten, / den Wahrsager und den Ältesten, 3 den Hauptmann, den Höfling, den Ratsherrn, / den weisen Zauberer und den klugen Beschwörer. 4 Ich mache junge Burschen zu ihren Fürsten. / Willkür soll über sie herrschen. 5 Dann bedrängt im Volk einer den andern / und jeder bedrängt seinen Nächsten. Die Jungen sind frech zu den Alten, / die Geringen zu den geachteten Männern. 6 Dann fasst einer im Haus seines Vaters / den Bruder am Arm und sagt: Du hast noch einen Mantel, / du musst unser Anführer sein. / Sei der Herr dieser Trümmer! 7 Der aber wird an jenem Tag schreien: / Ich bin doch kein Arzt und in meinem Haus gibt es kein Brot / und es gibt keinen Mantel. / Macht mich nicht zum Führer des Volkes! 8 Ja, Jerusalem stürzt und Juda fällt; / denn ihre Worte und ihre Taten richten sich gegen den Herrn, / sie trotzen den Augen seiner Majestät. 9 Ihre frechen Gesichter klagen sie an, / wie Sodom reden sie ganz offen von ihren Sünden. / Weh ihnen, sie bereiten sich selber ihr Unglück. 10 Wohl dem Gerechten, denn ihm geht es gut; / er wird die Frucht seiner Taten genießen. 11 Weh dem Frevler, ihm geht es schlecht; / denn was er selber getan hat, das wird man ihm antun. 12 Mein Volk - seine Herrscher sind voller Willkür, / Wucherer beherrschen das Volk. Mein Volk, deine Führer führen dich in die Irre, / sie bringen dich ab vom richtigen Weg. 13 Der Herr steht bereit, um Recht zu sprechen; / er steht da, um sein Volk zu richten. 14 Der Herr geht ins Gericht / mit den Ältesten und den Fürsten seines Volkes: Ihr, ihr habt den Weinberg geplündert; / eure Häuser sind voll von dem, was ihr den Armen geraubt habt. 15 Wie kommt ihr dazu, mein Volk zu zerschlagen? / Ihr zermalmt das Gesicht der Armen - / Spruch des Herrn der Heere.
Die hochmütigen Frauen von Jerusalem
16 Der Herr sprach: Weil die Töchter Zions hochmütig sind, ihre Hälse recken und mit verführerischen Blicken daherkommen, immerzu trippelnd daherstolzieren und mit ihren Fußspangen klirren, 17 darum wird der Herr den Scheitel der Töchter Zions mit Schorf bedecken und ihre Schläfen kahl werden lassen. 18 An jenem Tag wird ihnen der Herr ihren Schmuck wegnehmen: die Fußspangen, die kleinen Sonnen und Monde, 19 die Ohrgehänge und Armkettchen, die Schleier 20 und Turbane, die Fußkettchen und die Prachtgürtel, die Riechfläschchen und die Amulette, 21 die Fingerringe und Nasenreife, 22 die Festkleider und Umhänge, die Umschlagtücher und Täschchen 23 und die Spiegel, die feinen Schleier, die Schals und Kopftücher. 24 Dann habt ihr Moder statt Balsam, / Strick statt Gürtel, Glatze statt kunstvolle Locken, Trauergewand statt Festkleid, / ja, Schande statt Schönheit. 25 Deine Männer sterben durchs Schwert, / deine jungen Krieger fallen im Kampf. 26 Zions Tore ächzen und klagen; / ausgeplündert sitzt es am Boden.
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1 An jenem Tag klammern sich sieben Frauen an einen einzigen Mann und sagen: Wir wollen unser eigenes Brot essen und uns selber kleiden, nur lass uns deinen Namen tragen, nimm die Schande von uns!
Die Rettung der Übriggebliebenen
2 An jenem Tag wird, was der Herr sprossen lässt, für alle Israeliten, die entronnen sind, eine Zierde und Ehre sein; die Früchte des Landes sind ihr Stolz und Ruhm. 3 Dann wird der Rest von Zion und wer in Jerusalem noch übrig ist, heilig genannt werden, jeder, der in Jerusalem in das Verzeichnis derer, die am Leben bleiben sollen, eingetragen ist. 4 Wenn der Herr durch den Sturm des Gerichts und den Sturm der Läuterung von den Töchtern Zions den Kot abgewaschen und aus Jerusalems Mitte die Blutschuld weggespült hat, 5 dann kommt er und über dem ganzen Gebiet des Berges Zion und seinen Festplätzen erscheint bei Tag eine Wolke und bei Nacht Rauch und eine strahlende Feuerflamme. Denn über allem liegt als Schutz und Schirm die Herrlichkeit des Herrn; 6 sie spendet bei Tag Schatten vor der Hitze und ist Zuflucht und Obdach bei Unwetter und Regen.
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1 Ich will ein Lied singen von meinem geliebten Freund, / ein Lied vom Weinberg meines Liebsten. Mein Freund hatte einen Weinberg / auf einer fruchtbaren Höhe. 2 Er grub ihn um und entfernte die Steine / und bepflanzte ihn mit den edelsten Reben. Er baute mitten darin einen Turm / und hieb eine Kelter darin aus. Dann hoffte er, / dass der Weinberg süße Trauben brächte, / doch er brachte nur saure Beeren. 3 Nun sprecht das Urteil, Jerusalems Bürger und ihr Männer von Juda, / im Streit zwischen mir und dem Weinberg! 4 Was konnte ich noch für meinen Weinberg tun, / das ich nicht für ihn tat? Warum hoffte ich denn auf süße Trauben? / Warum brachte er nur saure Beeren? 5 Jetzt aber will ich euch kundtun, / was ich mit meinem Weinberg mache: Ich entferne seine schützende Hecke; / so wird er zur Weide. Seine Mauer reiße ich ein; / dann wird er zertrampelt. 6 Zu Ödland will ich ihn machen. / Man soll seine Reben nicht schneiden / und soll ihn nicht hacken; Dornen und Disteln werden dort wuchern. / Ich verbiete den Wolken, ihm Regen zu spenden. 7 Ja, der Weinberg des Herrn der Heere / ist das Haus Israel und die Männer von Juda sind die Reben, / die er zu seiner Freude gepflanzt hat. Er hoffte auf Rechtsspruch - / doch siehe da: Rechtsbruch, und auf Gerechtigkeit - / doch siehe da: Der Rechtlose schreit.
Sechs Weherufe über das trotzige Israel
8 Weh euch, die ihr Haus an Haus reiht / und Feld an Feld fügt, bis kein Platz mehr da ist / und ihr allein im Land ansässig seid. 9 Meine Ohren hören das Wort des Herrn der Heere: / Wahrhaftig, alle eure Häuser sollen veröden. So groß und schön sie auch sind: / Sie sollen unbewohnt sein. 10 Ein Weinberg von zehn Morgen bringt nur ein Bat Wein, / ein Hómer Saatgut bringt nur ein Efa Korn. 11 Weh euch, die ihr schon früh am Morgen / hinter dem Bier her seid und sitzen bleibt bis spät in die Nacht, / wenn euch der Wein erhitzt. 12 Bei ihren Gelagen spielt man Zither und Harfe, / Pauken und Flöten; aber was der Herr tut, beachten sie nicht, / was seine Hände vollbringen, sehen sie nicht. 13 Darum muss mein Volk in die Verbannung; / denn es hat keine Erkenntnis. Seine Reichen sterben vor Hunger, / die Masse der Armen verschmachtet vor Durst. 14 Darum sperrt die Unterwelt ihren Rachen auf, / maßlos weit reißt sie ihr Maul auf, sodass des Volkes Pracht und Reichtum hinabfährt, / der ganze lärmende, johlende Haufen. 15 Die Menschen müssen sich ducken, / jeder Mann muss sich beugen, / die stolzen Augen werden sich senken. 16 Doch der Herr der Heere ist erhaben, / wenn er Gericht hält, durch seine Gerechtigkeit / erweist der heilige Gott sich als heilig. 17 Dann grasen dort Lämmer wie auf der Weide, / in den Ruinen weiden fette Schafe. 18 Weh euch, die ihr die Strafe wie mit Ochsenstricken herbeizieht / und die Sünde wie mit Wagenseilen. 19 Ihr sagt: Was er tun will, das tue er schnell; / er soll sich beeilen, damit wir es sehen;was der Heilige Israels plant, treffe bald ein; / wir wollen es wissen. 20 Weh denen, die das Böse gut und das Gute böse nennen, / die die Finsternis zum Licht und das Licht zur Finsternis machen, / die das Bittere süß und das Süße bitter machen. 21 Weh denen, die in ihren eigenen Augen weise sind / und sich selbst für klug halten. 22 Weh denen, die Helden sind, / wenn es gilt, Wein zu trinken, / und tapfer, wenn es gilt, starke Getränke zu brauen, 23 die den Schuldigen für Bestechungsgeld freisprechen / und dem Gerechten sein Recht vorenthalten. 24 Darum: Wie des Feuers Zunge die Stoppeln frisst / und wie das Heu in der Flamme zusammensinkt, so soll ihre Wurzel verfaulen / und ihre Blüte wie Staub aufgewirbelt werden. Denn sie haben die Weisung des Herrn der Heere von sich gewiesen / und über das Wort des Heiligen Israels gelästert.
Die Ankündigung der assyrischen Invasion
25 Darum entbrennt der Zorn des Herrn gegen sein Volk; / er streckt seine Hand aus gegen das Volk und schlägt zu. Da erzittern die Berge / und die Leichen liegen auf den Gassen wie Abfall. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, / seine Hand bleibt ausgestreckt. 26 Er stellt ein Feldzeichen auf / für ein Volk in der Ferne, er pfeift es herbei vom Ende der Erde / und schon kommen sie eilig heran. 27 Kein Müder ist unter ihnen, keiner, der stolpert, / keiner, der einnickt und schläft. Bei keinem löst sich der Gürtel von den Hüften, / noch reißt ein Schuhriemen ab. 28 Ihre Pfeile sind scharf, / alle ihre Bogen gespannt. Die Hufe ihrer Pferde sind hart wie Kiesel, / die Räder sausen dahin wie der Sturm. 29 Es ist ein Lärm wie das Brüllen des Löwen, / wie wenn ein Junglöwe brüllt. Er knurrt und packt seine Beute, / er schleppt sie fort / und niemand reißt sie ihm weg. 30 Und es dröhnt über ihnen an jenem Tag / wie das Brausen des Meeres. Wohin man blickt auf der Erde: / nur Finsternis voller Angst; / das Licht ist durch Wolken verdunkelt.
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Die Berufung des Propheten
1 Im Todesjahr des Königs Usija sah ich den Herrn. Er saß auf einem hohen und erhabenen Thron. Der Saum seines Gewandes füllte den Tempel aus. 2 Serafim standen über ihm. Jeder hatte sechs Flügel: Mit zwei Flügeln bedeckten sie ihr Gesicht, mit zwei bedeckten sie ihre Füße und mit zwei flogen sie. 3 Sie riefen einander zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. / Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt. 4 Die Türschwellen bebten bei ihrem lauten Ruf und der Tempel füllte sich mit Rauch. 5 Da sagte ich: Weh mir, ich bin verloren. Denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen und lebe mitten in einem Volk mit unreinen Lippen und meine Augen haben den König, den Herrn der Heere, gesehen. 6 Da flog einer der Serafim zu mir; er trug in seiner Hand eine glühende Kohle, die er mit einer Zange vom Altar genommen hatte. 7 Er berührte damit meinen Mund und sagte: Das hier hat deine Lippen berührt: Deine Schuld ist getilgt, / deine Sünde gesühnt. 8 Danach hörte ich die Stimme des Herrn, der sagte: Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen? Ich antwortete: Hier bin ich, sende mich! 9 Da sagte er: Geh und sag diesem Volk: / Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen. / Sehen sollt ihr, sehen, aber nicht erkennen. 10 Verhärte das Herz dieses Volkes, / verstopf ihm die Ohren, / verkleb ihm die Augen, damit es mit seinen Augen nicht sieht / und mit seinen Ohren nicht hört, damit sein Herz nicht zur Einsicht kommt / und sich nicht bekehrt und nicht geheilt wird. 11 Ich fragte: Wie lange, Herr? / Er antwortete: Bis die Städte verödet sind und unbewohnt, / die Häuser menschenleer, / bis das Ackerland zur Wüste geworden ist. 12 Der Herr wird / die Menschen weit weg treiben; / dann ist das Land leer und verlassen. 13 Bleibt darin noch ein Zehntel übrig - / auch sie werden schließlich vernichtet, wie bei einer Eiche oder Terebinthe, / von der nur der Stumpf bleibt, wenn man sie fällt. [Ihr Stumpf ist heiliger Same.]
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Die Weissagung über den Immanuel
1 In der Zeit, als Ahas, der Sohn Jotams, des Sohnes Usijas, König von Juda war, zogen Rezin, der König von Aram, und Pekach, der Sohn Remaljas, der König von Israel, gegen Jerusalem in den Krieg; aber sie konnten die Stadt nicht einnehmen. 2 Als man dem Haus David meldete: Aram hat sich mit Efraim verbündet!, da zitterte das Herz des Königs und das Herz seines Volkes, wie die Bäume des Waldes im Wind zittern. 3 Der Herr aber sagte zu Jesaja: Geh zur Walkerfeldstraße hinaus, zusammen mit deinem Sohn Schear-Jaschub (Ein Rest kehrt um), an das Ende der Wasserleitung des oberen Teiches, um Ahas zu treffen. 4 Sag zu ihm: Bewahre die Ruhe, fürchte dich nicht! Dein Herz soll nicht verzagen wegen dieser beiden Holzscheite, dieser rauchenden Stummel, wegen des glühenden Zorns Rezins von Aram und des Sohnes Remaljas. 5 Zwar planen Aram, Efraim und der Sohn Remaljas Böses gegen dich und sagen: 6 Wir wollen gegen Juda ziehen, es an uns reißen und für uns erobern; dann wollen wir den Sohn Tabeals dort zum König machen. 7 Doch so spricht Gott, der Herr: Das kommt nicht zustande, / das wird nicht geschehen. 8 Denn das Haupt von Aram ist Damaskus / und das Haupt von Damaskus ist Rezin. Noch fünfundsechzig Jahre, dann wird Efraim zerschlagen, / es wird aufhören, ein Volk zu sein. 9 Das Haupt von Efraim ist Samaria / und das Haupt von Samaria ist der Sohn Remaljas. / Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht. 10 Der Herr sprach noch einmal zu Ahas; er sagte: 11 Erbitte dir vom Herrn, deinem Gott, ein Zeichen, sei es von unten, aus der Unterwelt, oder von oben, aus der Höhe. 12 Ahas antwortete: Ich will um nichts bitten und den Herrn nicht auf die Probe stellen. 13 Da sagte Jesaja: Hört her, ihr vom Haus David! Genügt es euch nicht, Menschen zu belästigen? Müßt ihr auch noch meinen Gott belästigen? 14 Darum wird euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben. 15 Er wird Butter und Honig essen bis zu der Zeit, in der er versteht, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen. 16 Denn noch bevor das Kind versteht, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen, wird das Land verödet sein, vor dessen beiden Königen dich das Grauen packt. 17 Der Herr wird Tage kommen lassen über dich und dein Volk und das Haus deines Vaters [durch den König von Assur], wie man sie nicht mehr erlebt hat, seit Efraim von Juda abgefallen ist. 18 An jenem Tag wird der Herr den Fliegen an den Mündungen des Nil in Ägypten pfeifen und den Bienen im Land Assur, 19 und alle kommen und lassen sich nieder in den Schluchten und Felsspalten, in allen Hecken und an allen Wasserstellen. 20 An jenem Tag wird der Herr mit dem Messer, das er jenseits des Eufrat gekauft hat [mit dem König von Assur], euch den Kopf kahl scheren und die Schamhaare abrasieren; auch den Bart schneidet er ab. 21 An jenem Tag wird ein Mann nur eine junge Kuh und ein paar Schafe halten. 22 Aber sie werden so viel Milch geben, dass man Butter essen kann. Ja, Butter und Honig essen alle, die im Land übrig geblieben sind. 23 An jenem Tag wird jedes Grundstück, auf dem jetzt tausend Weinstöcke im Wert von tausend Silberstücken stehen, voll von Dornen und Disteln sein. 24 Nur mit Pfeil und Bogen geht man dorthin; denn das ganze Land ist voll von Dornen und Disteln. 25 Aus Angst vor den Dornen und Disteln geht man auf keinen von all den Bergen mehr, die man jetzt noch mit der Hacke bearbeitet. Man treibt die Rinder dorthin und lässt die Schafe dort weiden.
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Die Geburt eines Sohnes des Propheten
1 Der Herr sagte zu mir: Nimm eine große Tafel und schreib darauf mit einem gewöhnlichen Griffel: Maher-Schalal-Hasch-Bas (Schnelle Beute - Rascher Raub). 2 Und ich nahm mir zuverlässige Zeugen, den Priester Urija und Secharja, den Sohn Jeberechjas. 3 Dann ging ich zu der Prophetin und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn. Da sagte der Herr zu mir: Gib ihm den Namen Maher-Schalal-Hasch-Bas! 4 Denn noch bevor der Knabe «Vater» und «Mutter» sagen lernt, wird man den Reichtum von Damaskus und die Beute von Samaria dem König von Assur vorantragen.
Warnung vor Unglauben und Untreue
5 Weiter sagte der Herr zu mir: 6 Weil dieses Volk die ruhig dahinfließenden Wasser von Schiloach verachtet und vor Rezin und dem Sohn Remaljas verzagt, 7 darum wird der Herr die gewaltigen und großen Wasser des Eufrat [den König von Assur und seine ganze Macht] über sie dahinfluten lassen. Und der Fluss wird alle seine Kanäle überfluten und über alle Ufer treten. 8 Auch auf Juda wird er übergreifen, er wird es überfluten und überschwemmen, bis er den Leuten an den Hals reicht. Die Ausläufer seiner Fluten bedecken weit und breit dein Land, Immanuel. 9 Tobt, ihr Völker! Ihr werdet doch zerschmettert. / Horcht auf, ihr Enden der Erde! Rüstet nur! Ihr werdet doch zerschmettert. / Rüstet! Ihr werdet zerschmettert. 10 Macht nur Pläne! Sie werden vereitelt. / Was ihr auch sagt, es kommt nicht zustande. / Denn «Gott ist mit uns». 11 Denn so sprach der Herr, als seine Hand mich packte und er mich davon abhielt, auf dem Weg dieses Volkes zu gehen: 12 Nennt nicht alles Verschwörung, / was dieses Volk Verschwörung nennt. Was es fürchtet, sollt ihr nicht fürchten; / wovor es erschrickt, davor sollt ihr nicht erschrecken. 13 Den Herrn der Heere sollt ihr heilig halten; / vor ihm sollt ihr euch fürchten, / vor ihm sollt ihr erschrecken. 14 Er wird das Heiligtum sein für die beiden Reiche Israels: / der Stein, an dem man anstößt, / der Felsen, an dem man zu Fall kommt. Eine Schlinge und Falle wird er sein / für alle, die in Jerusalem wohnen. 15 Viele stolpern darüber, / sie fallen und zerschellen; / sie verstricken und verfangen sich. 16 Ich will diese Warnung sorgfältig bewahren / und die Lehre in meinen Jüngern wie mit einem Siegel verschließen. 17 Ich will auf den Herrn warten, / der jetzt sein Angesicht vor dem Haus Jakob verhüllt, / auf ihn will ich hoffen. 18 Seht, ich und die Kinder, / die der Herr mir geschenkt hat, wir sind in Israel ein (warnendes) Zeichen, / ein Mahnmal vom Herrn der Heere, / der auf dem Berg Zion wohnt. 19 Wenn man euch sagt: Befragt die Totengeister und Zauberkundigen, die flüstern und murmeln!, (dann erwidert:) Soll ein Volk nicht lieber seinen Gott befragen? Warum soll man für die Lebenden die Toten befragen? 20 Lehre und Warnung: Wer nicht so denkt, für den gibt es kein Morgenrot. 21 Er wandert umher, verdrossen und hungrig. Und wenn er hungert, dann wird er wütend und er verflucht seinen König und seinen Gott. Er blickt nach oben 22 und blickt zur Erde; aber überall sieht er nur Not, Finsternis und beängstigendes Dunkel. Doch die Finsternis wird verscheucht; 23 denn wer jetzt in Not ist, bleibt nicht im Dunkel. Einst hat er das Land Sebulon und das Land Naftali verachtet, aber später bringt er die Straße am Meer wieder zu Ehren, das Land jenseits des Jordan, das Gebiet der Heiden.
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1 Das Volk, das im Dunkel lebt, / sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, / strahlt ein Licht auf. 2 Du erregst lauten Jubel / und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, / wie man sich freut bei der Ernte, / wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird. 3 Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, / das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers. 4 Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, / jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, / wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. 5 Denn uns ist ein Kind geboren, / ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; / man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, / Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. 6 Seine Herrschaft ist groß / und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich; / er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, / jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere / wird das vollbringen.
Die Ankündigung des Strafgerichts über Israel
7 Der Herr hat ein Wort gegen Jakob geschleudert, / es fiel in Israel nieder. 8 Das ganze Volk sollte zur Einsicht kommen, / Efraim und wer in Samaria wohnt, / alle, die hochmütig prahlten: 9 Die Ziegelmauern sind gefallen, / jetzt bauen wir mit Quadern; / die Maulbeerbäume hat man gefällt, / jetzt pflanzen wir Zedern. 10 Da stachelte der Herr Jakobs Gegner auf / und hetzte seine Feinde gegen ihn, 11 Aram im Osten, die Philister im Westen, / und sie fraßen Israel mit gierigem Maul. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, / seine Hand bleibt ausgestreckt. 12 Aber das Volk kehrte nicht um zu dem, der es schlug; / sie suchten den Herrn der Heere nicht. 13 Da schnitt der Herr dem Volk Israel den Kopf und den Schwanz ab, / Palmzweig und Binse am selben Tag: 14 Die Ältesten und Vornehmen, sie sind der Kopf; / der Schwanz sind die Propheten, die Lügen verkünden. 15 Die Führer dieses Volks sind Verführer; / wer sich von ihnen führen lässt, / wird in die Irre geleitet. 16 Deshalb verschont der Herr weder die Männer, / noch hat er mit den Witwen und Waisen Erbarmen. Denn alle sind ruchlos und böse; / aus jedem Mund kommt verruchtes Geschwätz. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, / seine Hand bleibt ausgestreckt. 17 Denn ihre Bosheit loderte auf wie ein Feuer, / das Dornen und Disteln verzehrt. Es entzündete das Dickicht des Waldes, / sodass es in Rauchschwaden aufging. 18 Der Zorn des Herrn der Heere versengte das Land; / das Volk wurde ein Raub der Flammen. / Keiner verschonte den andern: 19 Man fraß rechts und blieb hungrig, / man fraß links und wurde nicht satt. / Jeder fraß seinen Nachbarn. 20 Manasse fraß Efraim und Efraim Manasse / und beide zusammen fraßen Juda.Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, / seine Hand bleibt ausgestreckt.
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1 Weh denen, die unheilvolle Gesetze erlassen / und unerträgliche Vorschriften machen, 2 um die Schwachen vom Gericht fern zu halten / und den Armen meines Volkes ihr Recht zu rauben, um die Witwen auszubeuten / und die Waisen auszuplündern. 3 Was wollt ihr tun, wenn die Strafe naht, / wenn das Unwetter von fern heraufzieht? Zu wem wollt ihr flüchten, um Hilfe zu finden, / wo euren Reichtum verstecken? 4 Ihr werdet euch unter Gefangenen (am Boden) krümmen / und werdet unter Erschlagenen liegen. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, / seine Hand bleibt ausgestreckt.
Die Androhung der Vernichtung Assurs
5 Weh Assur, dem Stock meines Zorns! / Es ist der Knüppel in meiner wütenden Hand. 6 Gegen ein ruchloses Volk schicke ich ihn, / auf die Nation, der ich zürne, lasse ich ihn los,damit er Beute erbeutet und raubt wie ein Räuber, / sie zertritt wie den Staub auf den Straßen. 7 Doch Assur stellt es sich nicht so vor, / sein Herz plant es anders, es hat nur Vernichtung im Sinn, / die Ausrottung nicht weniger Völker. 8 Denn es sagt: Ist nicht jeder meiner Fürsten ein König? / 9 Ging es nicht Kalne genau so wie Karkemisch, / Hamat wie Arpad, Samaria wie Damaskus? 10 Wie meine Hand die Königreiche der Götter erobert hat, / deren Götterbilder die von Jerusalem und Samaria übertrafen, 11 wie ich es mit Samaria und seinen Göttern gemacht habe, / so mache ich es auch mit Jerusalem und seinen Göttern. 12 Wenn der Herr sein Werk auf dem Berg Zion und in Jerusalem vollendet hat, dann straft er das hochmütige Gebaren und die dreiste Überheblichkeit des Königs von Assur; 13 denn er hat gesagt: Das alles habe ich mit meiner starken Hand / und mit meiner Weisheit vollbracht; / denn ich bin klug. Die Grenzen zwischen den Völkern habe ich aufgehoben, / ihre Schätze geplündert, / wie ein Held habe ich die Könige vom Thron gestoßen. 14 Wie man in ein Nest greift, so griff meine Hand / nach dem Reichtum der Völker. Wie man verlassene Eier sammelt, / so habe ich alle Länder der Erde gesammelt. Da war keiner, der mit den Flügeln schlug, / keiner, der den Schnabel aufriss und piepste. 15 Prahlt denn die Axt gegenüber dem, der mit ihr hackt, / oder brüstet die Säge sich vor dem, der mit ihr sägt? Das wäre, wie wenn der Stock den Mann schwingt, der ihn hochhebt, / oder wie wenn der Knüppel den hochhebt, der nicht aus Holz ist. 16 Darum schickt Gott, der Herr der Heere, / den feisten Männern (von Assur) die Schwindsucht. Er entfacht ein Feuer unter Assurs Pracht, / ein loderndes Feuer. 17 Israels Licht wird zum Feuer, / sein Heiliger wird zur Flamme. Sie brennt und verzehrt die Dornen und Disteln von Assur / an einem einzigen Tag. 18 Seinen herrlichen Wald, seinen fruchtbaren Garten, / mit Stumpf und Stiel vernichtet er ihn; / es ist, wie wenn ein Kranker dahinsiecht. 19 Von den Bäumen in seinem Wald / bleiben nur wenige übrig, / selbst ein Kind kann sie zählen. 20 An jenem Tag wird Israels Rest - und wer vom Haus Jakob entkommen ist - sich nicht mehr auf den stützen, der ihn schlägt, sondern er stützt sich in beständiger Treue auf den Herrn, auf den Heiligen Israels. 21 Ein Rest kehrt um zum starken Gott, / ein Rest von Jakob. 22 Israel, wenn auch dein Volk so zahlreich ist / wie der Sand am Meer - / nur ein Rest von ihnen kehrt um. Die Vernichtung ist beschlossen, / die Gerechtigkeit flutet heran. 23 Ja, Gott, der Herr der Heere, vollstreckt auf der ganzen Erde die Vernichtung, die er beschlossen hat. 24 Darum - so spricht Gott, der Herr der Heere: Fürchte dich nicht, mein Volk, das auf dem Berg Zion wohnt, vor Assur, das dich mit dem Stock schlägt und das seinen Knüppel gegen dich erhebt wie einst die Ägypter. 25 Nur noch ganz kurze Zeit, dann wird mein grimmiger Zorn sie völlig vernichten, 26 dann schwingt der Herr der Heere über sie die Peitsche, wie einst, als er Midian am Rabenfels schlug. Er erhebt seinen Stab über das Meer wie einst in Ägypten. 27 An jenem Tag fällt Assurs Last von deiner Schulter, / sein Joch wird von deinem Nacken genommen. 28 Assur zieht von Rimmon herauf, / rückt gegen Aja vor, marschiert durch Migron / und lässt seinen Tross in Michmas zurück. 29 Sie passieren den Pass und übernachten in Geba./ Rama erschrickt und es flieht Gibea-Saul. 30 Lass deine Stimme gellen, Tochter Gallim! / Lausche, Lajescha! Anatot, antworte ihr! 31 Madmena flüchtet, / die Bewohner von Gebim ergreifen die Flucht. 32 Heute noch wird er in Nob Stellung beziehen / und seine Hand drohend gegen den Berg der Tochter Zion erheben, / gegen Jerusalems Hügel. 33 Seht, Gott, der Herr der Heere, / schlägt mit schrecklicher Gewalt die Zweige ab. Die mächtigen Bäume werden gefällt / und alles, was hoch ist, wird niedrig. 34 Das Dickicht des Waldes wird mit dem Eisen gerodet, / der Libanon fällt durch die Hand eines Mächtigen.
11
1 Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, / ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. 2 Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: / der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, / der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht. 3 [Er erfüllt ihn mit dem Geist der Gottesfurcht.] / Er richtet nicht nach dem Augenschein / und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er, 4 sondern er richtet die Hilflosen gerecht / und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist. Er schlägt den Gewalttätigen / mit dem Stock seines Wortes und tötet den Schuldigen / mit dem Hauch seines Mundes. 5 Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, / Treue der Gürtel um seinen Leib. 6 Dann wohnt der Wolf beim Lamm, / der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, / ein kleiner Knabe kann sie hüten. 7 Kuh und Bärin freunden sich an, / ihre Jungen liegen beieinander. / Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. 8 Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, / das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. 9 Man tut nichts Böses mehr / und begeht kein Verbrechen / auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, / so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist. 10 An jenem Tag wird es der Spross aus der Wurzel Isais sein, / der dasteht als Zeichen für die Nationen; die Völker suchen ihn auf; / sein Wohnsitz ist prächtig. 11 An jenem Tag wird der Herr seine Hand von neuem erheben, / um den übrig gebliebenen Rest seines Volkes zurückzugewinnen, von Assur und Ägypten, von Patros und Kusch, / von Elam, Schinar und Hamat / und von den Inseln des Meeres. 12 Er stellt für die Völker ein Zeichen auf, / um die Versprengten Israels wieder zu sammeln, / um die Zerstreuten Judas zusammenzuführen von den vier Enden der Erde. 13 Dann hört der Neid Efraims auf, / die Feinde Judas werden vernichtet. Efraim ist nicht mehr eifersüchtig auf Juda / und Juda ist nicht mehr Efraims Feind. 14 Sie stoßen nach Westen vor wie im Flug, / den Philistern in die Flanke; / vereint plündern sie die Völker des Ostens aus. Sie ergreifen Besitz von Edom und Moab, / die Ammoniter müssen ihnen gehorchen. 15 Der Herr trocknet die Bucht des ägyptischen Meeres aus; / er schwingt in glühendem Zorn seine Faust gegen den Eufrat und zerschlägt ihn in sieben einzelne Bäche, / sodass man in Sandalen hindurchgehen kann. 16 So entsteht eine Straße für den Rest seines Volkes, / der übrig gelassen wurde von Assur,eine Straße, wie es sie für Israel gab, / als es aus Ägypten heraufzog.
12
1 An jenem Tag wirst du sagen: / Ich danke dir, Herr. Du hast mir gezürnt, / doch dein Zorn hat sich gewendet / und du hast mich getröstet. 2 Ja, Gott ist meine Rettung; / ihm will ich vertrauen und niemals verzagen. Denn meine Stärke und mein Lied ist der Herr. / Er ist für mich zum Retter geworden. 3 Ihr werdet Wasser schöpfen voll Freude / aus den Quellen des Heils. 4 An jenem Tag werdet ihr sagen: / Dankt dem Herrn! Ruft seinen Namen an! Macht seine Taten unter den Völkern bekannt, / verkündet: Sein Name ist groß und erhaben! 5 Preist den Herrn; / denn herrliche Taten hat er vollbracht; / auf der ganzen Erde soll man es wissen. 6 Jauchzt und jubelt, ihr Bewohner von Zion; / denn groß ist in eurer Mitte der Heilige Israels.
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